Mann in Hemd sitzt auf einer Mauer. Im Hintergrund das Meer.

Simonello's World

17. Jul. 2022

10 Jahre Abitur - ein Brief vom 30. Juni 2012

Gestern hatte ich 10-jähriges Klassentreffen. Unfassbar, wie die Zeit vergeht.
Am Abend vor unserer Abiturfeier haben wir damals die Aufgabe erhalten einen Brief zu diesem Anlass zu verfassen, der für 10 Jahre von der Schule aufbewahrt wird. Ich hatte ganz vergessen, was ich damals geschrieben hatte und konnte dann zu meiner Überraschung feststellen, dass der Text tatsächlich gut gealtert war.

Ich bin mehr als einmal vom Weg abgekommen, aber inhaltlich kann ich meinem 18-jährigen Ich, zehn Jahre später, nur zustimmen.

Lieber,
mittlerweile um einige Jahre älter gewordener,
Simon,

Die Aufgabe, und somit der Grund, wieso ich jetzt hier sitze, und einen Brief schreibe, lautet wie so oft im Leben eines jungen Menschen:
Schreibe einen Brief an dich selbst, indem du erläuterst, was deine Ziele und Vorstellungen für die Zukunft sind. Dieser Brief wird von der Schule für mehrere Jahre aufbewahrt, bis die Truhe geöffnet wird, um die Briefe anzusehen.

Ich muss gestehen, dass ich kein großer Fan von dieser Tradition bin.
Ich finde es schwierig so etwas in Worte zu fassen, weil ich der Meinung bin, dass viele einzelne Punkte alleine nicht reichen, um ein glückliches und erfülltes Leben zu führen. Noch vor einem Jahr, als ich eben diese Aufgabe gestellt bekommen habe, habe ich noch über einen möglichen Tag in meinem Leben geschrieben. Fakt ist: Die Qualität eines Lebens ist nicht abhängig von der Menge Schlaf, die man bekommt, sondern von den sozialen und kulturellen Beziehungen, zu Familie, Freunde und Partnern.

*Ich bin gestern Abend sehr lange mit meinem alten Freund Ferdinand Feiler aus England zusammengesessen. Wir haben uns bis tief in die Nacht bei Wein und Zigarre über weltpolitische Themen unterhalten.
Und wenn ich eine Quintessenz daraus ziehen kann, dann ist es diese: Es ist wichtig den Mittelweg zu finden. In allem.*

Nicht nur den Mittelweg zwischen absolutem Überfluss und Askese, oder den Mittelweg zwischen blindem Vertrauen und grenzenloser Naivität, nein es geht um den Mittelweg, der einem zum Glück verhilft. Und auch das Glück ist keine festgelegte Sache. Jeder definiert sein Glück selbst. Ganz alleine. Sicher, im Idealfall, bekommt man Hilfe von Freunden, Familie und Bekannten, sein Glück zu erlangen, aber das was Glück ist, kommt von innen.

Ich muss ehrlich gestehen: Ich habe gerade die beste Zeit meines Lebens. Ich genieße es in vollen Zügen. Und wenn es in der ganzen vorherigen Zeit eine Sache gibt, die ich auf jeden Fall jedem ans Herz legen würde, dann ist es diese: Die Personen, die man mag, sollte man ehren, akzeptieren, respektieren, um im Gegenzug ebendiese Dinge zurückzubekommen.

Ganz essenziell ist dabei die Wahl dieser Personen. Denn nichts ist schlimmer, als sich für Menschen zu verbiegen, die es nicht im geringsten Wert sind. Man sollte auf sich selbst stolz sein können, und jeder Freund, sollte einen anderen Freund genauso nehmen, wie er ist.

Ich habe nicht viele Ziele im Leben aber wenn es welche gibt, dann sind es weder Autos noch irgendwelche Luxusgüter.

Der größte Wunsch, bei dem du hoffentlich in der Lage sein wirst, ihn zu erfüllen, ist der, eine Familie zu gründen, quasi „den passenden Deckel zum eigenen Topf“ zu finden.

Ich möchte Kinder haben – und irgendwann Enkel. All das sind Dinge, die zwar durch Geld auf jeden Fall vereinfacht werden können, aber nicht unbedingt Geld erfordern.

Starke zwischenmenschliche Bindungen sind stärker als Gold und Silber und bitte tue mir den Gefallen und versuche um jeden Preis der Welt die Bindung zu deinen geliebten Eltern und zu deiner geliebten Schwester aufrecht zu erhalten.

Hauptziel, und hierbei ist es egal, ob dieses Dokument in zehn, zwanzig oder dreißig Jahren geöffnet wird, ist es, am Ende eines hoffentlich langen Lebens auf seinen Lebenslauf zurückblicken zu können und mit Stolz erfüllt Zufriedenheit zu empfinden.

In Liebe, du kannst stolz auf dich sein,
Simon